USV
USV (Unterbrechungsfreie Stromversorgung, englisch: Uninterruptible Power Supply, UPS) ist ein elektrisches Gerät, das bei Störungen im Stromnetz die kontinuierliche Versorgung kritischer Verbraucher sicherstellt. Die USV überbrückt Stromausfälle, glättet Spannungsschwankungen und schützt empfindliche IT-Geräte vor Schäden durch Stromstörungen.
Für die IT-Infrastruktur ist eine USV unverzichtbar: Server, Netzwerkgeräte und Storage-Systeme reagieren empfindlich auf Stromunterbrechungen. Ein plötzlicher Stromausfall kann zu Datenverlust, Hardwareschaden oder langen Ausfallzeiten führen. Die USV verschafft die nötige Zeit, um Systeme kontrolliert herunterzufahren oder auf Notstromgeneratoren umzuschalten.
Funktionsweise einer USV
Das Grundprinzip einer USV basiert auf der Speicherung elektrischer Energie in Akkumulatoren. Im Normalbetrieb werden die Batterien geladen und stehen bei Bedarf sofort zur Verfügung. Bei einer Störung im Stromnetz - sei es ein kompletter Ausfall, eine Unterspannung oder Überspannung - übernimmt die USV die Stromversorgung der angeschlossenen Geräte.
Je nach USV-Typ erfolgt die Umschaltung unterschiedlich schnell und mit unterschiedlichem Schutzniveau. Die drei Hauptkomponenten einer USV sind der Gleichrichter (wandelt Wechselstrom in Gleichstrom zum Laden der Batterien), die Batterie (speichert die Energie) und der Wechselrichter (wandelt Gleichstrom zurück in Wechselstrom für die Verbraucher).
USV-Typen im Überblick
Es gibt drei Haupttypen von USV-Anlagen, die sich in Funktionsweise, Schutzniveau und Kosten unterscheiden. Die internationale Norm IEC 62040-3 klassifiziert diese als VFD, VI und VFI.
Offline-USV (VFD - Voltage and Frequency Dependent)
Die Offline-USV, auch Standby-USV genannt, ist die einfachste und kostengünstigste Variante. Im Normalbetrieb werden die angeschlossenen Verbraucher direkt vom Stromnetz versorgt, während die Batterie im Standby geladen wird. Erst bei einem Stromausfall oder starken Spannungsschwankungen schaltet die USV auf Batteriebetrieb um.
Die Umschaltzeit liegt bei Qualitätsmodellen zwischen 4 und 10 Millisekunden. Diese kurze Unterbrechung ist für die meisten IT-Geräte unkritisch, da deren Netzteile über genügend Pufferkapazitaet verfügen. Allerdings bietet die Offline-USV keinen Schutz vor Spannungsschwankungen im laufenden Betrieb.
| Eigenschaft | Wert |
|---|---|
| Klassifizierung | VFD (Klasse 3) |
| Umschaltzeit | 4-10 ms |
| Spannungsregulierung | Keine (direkte Netzversorgung) |
| Typische Leistung | bis 1.500 VA |
| Einsatzgebiet | Einzelplatz-PCs, Peripheriegeraete |
Line-Interactive-USV (VI - Voltage Independent)
Die Line-Interactive-USV erweitert das Offline-Konzept um einen Automatic Voltage Regulator (AVR). Dieser gleicht Unter- und Überspannungen kontinuierlich aus, ohne auf Batteriebetrieb umschalten zu müssen. Das schont die Batterie und bietet besseren Schutz als eine reine Offline-USV.
Im Normalbetrieb werden die Verbraucher vom Netz versorgt, aber der AVR korrigiert Spannungsabweichungen automatisch. Bei Stromausfall erfolgt die Umschaltung auf Batterie innerhalb von 2 bis 4 Millisekunden. Die Line-Interactive-USV stellt einen guten Kompromiss zwischen Schutz und Kosten dar.
| Eigenschaft | Wert |
|---|---|
| Klassifizierung | VI (Klasse 2) |
| Umschaltzeit | 2-4 ms |
| Spannungsregulierung | AVR (Automatic Voltage Regulator) |
| Typische Leistung | bis 5.000 VA |
| Einsatzgebiet | Workstations, kleine Server, Netzwerkgeräte |
Online-USV (VFI - Voltage and Frequency Independent)
Die Online-USV, auch Double-Conversion-USV genannt, bietet den höchsten Schutz. Bei dieser Technologie werden die Verbraucher ständig über den Wechselrichter aus der Batterie versorgt - nicht nur bei Störungen. Der Netzstrom dient lediglich zum kontinuierlichen Laden der Batterien.
Da keine Umschaltung stattfindet, gibt es keine Unterbrechung bei Stromausfall. Die Verbraucher erhalten eine vollständig aufbereitete, saubere Sinusspannung, unabhängig von Störungen im Eingangsnetz. Online-USVs verfügen zusätzlich über einen Bypass, der bei Überlast oder Defekt des Wechselrichters die direkte Netzversorgung ermöglicht.
| Eigenschaft | Wert |
|---|---|
| Klassifizierung | VFI (Klasse 1) |
| Umschaltzeit | 0 ms (keine Umschaltung) |
| Spannungsregulierung | Vollständige Spannungsaufbereitung |
| Typische Leistung | ab 1.000 VA, keine Obergrenze |
| Einsatzgebiet | Server, Rechenzentren, kritische Infrastruktur |
Vergleich der USV-Typen
Die Wahl des richtigen USV-Typs hängt von den Anforderungen an Verfügbarkeit, Stromqualität und Budget ab. Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Unterschiede zusammen.
| Kriterium | Offline-USV | Line-Interactive | Online-USV |
|---|---|---|---|
| Umschaltzeit | 4-10 ms | 2-4 ms | 0 ms |
| Spannungsregulierung | Nein | AVR | Vollständig |
| Frequenzregulierung | Nein | Nein | Ja |
| Wirkungsgrad | ~95% | ~95% | ~90-94% |
| Anschaffungskosten | Niedrig | Mittel | Hoch |
| Batterieverschleiss | Gering | Gering | Höher |
| Schutzlevel | Basis | Mittel | Maximal |
Für unkritische Arbeitsplätze reicht eine Offline-USV aus. Kleine Server und Netzwerkgeräte profitieren von Line-Interactive-Systemen. Für Rechenzentren und geschäftskritische Systeme ist eine Online-USV die richtige Wahl, da sie den höchsten Schutz bei null Umschaltzeit bietet.
Wichtige Kennzahlen einer USV
Bei der Dimensionierung einer USV sind mehrere Kennzahlen relevant. Das Verständnis dieser Werte ist wichtig, um die richtige USV für den jeweiligen Einsatzzweck auszuwählen.
Scheinleistung (VA) und Wirkleistung (Watt)
USV-Anlagen werden mit zwei Leistungsangaben spezifiziert: Voltampere (VA) für die Scheinleistung und Watt (W) für die Wirkleistung. Die Scheinleistung beschreibt das Produkt aus Spannung und Strom, während die Wirkleistung die tatsächlich nutzbare Leistung angibt.
Das Verhältnis zwischen Wirkleistung und Scheinleistung wird als Leistungsfaktor (Power Factor, cos phi) bezeichnet. Bei typischen IT-Geräten liegt dieser zwischen 0,6 und 1,0. Eine USV mit 1.000 VA und einem Leistungsfaktor von 0,7 kann also maximal 700 Watt Wirkleistung liefern.
Faustformel zur Umrechnung:
- VA in Watt: VA x 0,65 = Watt (Näherung)
- Watt in VA: Watt x 1,55 = VA (Näherung)
Beispielrechnung:
Ein Server mit 400 Watt Leistungsaufnahme und Leistungsfaktor 0,9 benötigt:
400 W / 0,9 = 445 VA
Überbrückungszeit (Autonomiezeit)
Die Überbrückungszeit gibt an, wie lange die USV die angeschlossenen Verbraucher bei vollem Batteriebetrieb versorgen kann. Sie hängt von der Batteriekapazität und der tatsächlichen Last ab. Typische Werte liegen zwischen 5 und 30 Minuten bei Volllast.
Die Überbrückungszeit ist nicht dazu gedacht, längere Stromausfälle zu überbruecken. Ihr Zweck ist es, genügend Zeit für ein kontrolliertes Herunterfahren der Systeme zu geben oder die Lücke bis zum Anspringen eines Notstromaggregats zu schliessen. Bei geringerer Last verlängert sich die Überbrückungszeit entsprechend.
Batterietechnologien
Die Batterie ist das Herzstück jeder USV. Die Wahl der Batterietechnologie beeinflusst Lebensdauer, Wartungsaufwand und Kosten erheblich.
Blei-Säure-Batterien (VRLA)
VRLA-Batterien (Valve Regulated Lead Acid) sind der Standard in USV-Systemen. Sie sind wartungsfrei, da das Elektrolyt in einem Gel oder Vlies (AGM - Absorbent Glass Mat) gebunden ist. Die typische Lebensdauer beträgt 3 bis 5 Jahre bei korrekter Umgebungstemperatur (20-25 Grad Celsius).
Höhere Temperaturen verkürzen die Lebensdauer erheblich: Pro 10 Grad über der Nenntemperatur halbiert sich die Lebensdauer etwa. In klimatisierten Serverraeumen erreichen hochwertige AGM-Batterien Lebensdauern von 5 bis 10 Jahren.
Lithium-Ionen-Batterien
Lithium-Ionen-Batterien sind eine neuere Alternative mit deutlichen Vorteilen: Sie haben eine längere Lebensdauer (8-15 Jahre), sind kompakter und leichter, vertragen höhere Temperaturen besser und benötigen weniger Ladezyklen. Allerdings sind die Anschaffungskosten derzeit noch deutlich hoeher als bei Blei-Säure-Batterien.
Für Rechenzentren mit hohen Anforderungen an Verfügbarkeit und begrenztem Platz werden Lithium-Ionen-Batterien zunehmend attraktiv. Die höheren Anschaffungskosten werden durch geringeren Wartungsaufwand und längere Lebensdauer teilweise kompensiert.
USV-Management und Ueberwachung
Moderne USV-Systeme verfügen über Schnittstellen zur Kommunikation mit angeschlossenen Servern und Netzwerk-Management-Systemen. Dies ermöglicht automatische Reaktionen auf Stromausfälle und proaktive Wartung.
Typische Management-Funktionen:
- Automatisches Shutdown: Bei niedrigem Batteriestand werden angeschlossene Server kontrolliert heruntergefahren
- SNMP-Ueberwachung: Integration in Netzwerk-Monitoring-Systeme
- E-Mail-Benachrichtigung: Automatische Alarme bei Störungen oder Batteriewarnungen
- Remote-Management: Ueberwachung und Konfiguration über Webinterface
- Batteriediagnose: Regelmaessige Tests zur Ueberpruefung der Batteriekapazität
Die Software-Integration erfolgt über serielle Schnittstellen (RS-232), USB oder Netzwerk (SNMP, HTTP). Gaengige Betriebssysteme wie Windows Server und Linux unterstützen USV-Kommunikation nativ oder über Zusatzsoftware wie NUT (Network UPS Tools) oder den APC PowerChute.
Dimensionierung einer USV
Die korrekte Dimensionierung einer USV ist entscheidend für zuverlässigen Schutz. Eine zu kleine USV wird bei hoher Last überlastet, eine zu grosse verschwendet Geld und arbeitet ineffizient.
Schritte zur Dimensionierung:
- Geräte erfassen: Alle zu schuetzenden Geräte auflisten (Server, Switches, Storage, Monitore)
- Leistungsaufnahme ermitteln: Watt- und VA-Werte von den Typenschildern oder Datenblaettern ablesen
- Gesamtlast berechnen: Alle Werte addieren
- Reserve einplanen: USV auf maximal 75-80% ihrer Nennleistung auslegen
- Erweiterungen beruecksichtigen: Zukuenftiges Wachstum einkalkulieren
Wichtig: Beide Grenzwerte müssen eingehalten werden - sowohl die Watt- als auch die VA-Grenze der USV. Eine USV mit 1.000 VA / 600 W kann nicht für Geräte mit 700 Watt verwendet werden, auch wenn die VA-Grenze nicht überschritten wird.
Wartung und Batterieaustausch
USV-Systeme erfordern regelmaessige Wartung, um ihre Funktionsfähigkeit sicherzustellen. Der kritischste Punkt ist die Batterie, deren Kapazitaet mit der Zeit abnimmt.
Wartungsempfehlungen:
- Monatlich: Sichtprüfung auf LED-Status und Warnmeldungen
- Quartalsweise: Batterietest durchführen (über USV-Management-Software)
- Jährlich: Umfassende Inspektion, Luftfilter reinigen, Umgebungstemperatur pruefen
- Alle 3-5 Jahre: Batterieaustausch (bei VRLA-Batterien), unabhängig vom Zustand
Viele USV-Systeme unterstützen Hot-Swap-Batterien, die ohne Unterbrechung der Stromversorgung gewechselt werden können. Bei größeren Anlagen empfiehlt sich ein Wartungsvertrag mit dem Hersteller oder einem spezialisierten Dienstleister.
Einsatzgebiete
USV-Systeme finden überall dort Anwendung, wo Stromausfälle zu Datenverlust, Produktionsausfall oder Sicherheitsrisiken führen können.
- Rechenzentren und Serverraeume: Schutz von Servern, NAS-Systemen und Netzwerkinfrastruktur
- Arbeitsplätze: Schutz vor Datenverlust bei ungespeicherten Dokumenten
- Medizintechnik: Lebenserhaltende Geräte, Diagnosegeraete
- Telekommunikation: Telefonanlagen, Mobilfunk-Basisstationen
- Industriesteuerungen: SPSen, Prozessleitsysteme
- Sicherheitstechnik: Brandmeldeanlagen, Zugangskontrolle, Videoüberwachung
In Rechenzentren arbeiten USV-Anlagen typischerweise mit Notstromaggregaten zusammen: Die USV überbrückt die wenigen Sekunden, bis der Dieselgenerator anläuft und stabile Leistung liefert. Dies gewährleistet eine lueckenlose Stromversorgung auch bei längeren Ausfaellen.
USV in der IT-Praxis
Als Fachinformatiker für Systemintegration wirst du regelmaessig mit USV-Systemen arbeiten. Die Aufgaben reichen von der Dimensionierung über die Installation bis zur Integration in Monitoring-Systeme. Das Verständnis der verschiedenen USV-Typen und ihrer Kennzahlen hilft dir, die richtige Lösung für jeden Anwendungsfall zu waehlen.
Auch die Zusammenarbeit mit anderen Infrastrukturkomponenten ist wichtig: USV-Systeme werden oft mit RAID-Systemen für Datensicherheit und Failover-Lösungen für Hochverfügbarkeit kombiniert. Zusammen bilden sie ein umfassendes Konzept für die Ausfallsicherheit der IT-Infrastruktur.